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Heimatgeschichte Sallach - Kommunale Entwicklung - Gemeindeverwaltung bis an die Schwelle des 20. Jahrhunderts

1494 war das Gericht Rain bereits in Haupt- und Obmannschaften eingeteilt gewesen, denn die Hauptleute erhielten den Befehl, zwecks Verfolgung von landschädlichen Leuten das "Landgeschrei zu erheben". Sallach gehörte wie Weidorf und die "Mühle hinterm Berg bei Gempfing" (wohl die Schlagmühle) zur Obmannschaft Wengen. Ein solches Gebilde ist nicht ungewöhnlich, umfasste die Obmannschaft Münster gar ein Gebiet von 15 Kilometer im Durchmesser. Im 15. und 16.Jahrhundert erscheinen in Gerichtsrechnungen fast ausschließlich die Oberleute, im 17. Jahrhundert finden sich durchwegs nur noch "Dorfführer". Diese Führer werden dann für die Durchführung von Aufgaben verantwortlich gemacht, die den "Vierern" der privaten bäuerlichen Wirtschaftsgemeinde nicht zustehen. Trotz der Zugehörigkeit zur Obmannschaft Wengen dürfte das Dorf Sallach durch die "Vierer" und später den Dorfsführer seine Angelegenheit mehr und mehr in eigener Verantwortung, allerdings unter landgerichtlicher Aufsicht, ausgeführt haben.

Das erste Gemeindeedikt von 1808 stellte die Dörfer unter enges Staatskuratel. Sallach bildete ausweislich der noch vorhandenen Rechnungen eine eigene Gemeinde und zusammen mit Bayerdilling einen Steuerdistrikt. In den beiden folgenden Jahren wurden die Grundbesitze dieser beiden Orte in einer umfangreichen Beschreibung gemeinsam erfasst. Die Staatsaufsicht wurde mit dem zweiten Gemeindeedikt von 1818 gelockert, der Steuerbezirk mit Bayerdilling blieb. Mit diesem Nachbardorf gibt es weitere Verbindungen auf dem Verwaltungsbereich – so etwa die Reichtagswahl vom 20. Februar 1890, wo die Sallacher nach Bayerdilling gingen. Wahlzeit war an einem Donnerstag von 10 bis 18 Uhr.

Ab dem 2. Gemeindeedikt (1818) bestand die Gemeindeverwaltung aus Bürgermeister (bis zur Gemeindeordnung von 1869 "Vorsteher" genannt, in den ersten Jahren ab 1808 unterschrieb er sogar noch als Obmann), Beigeordnetem (entspricht 2. Bürgermeister) und 4 Ausschussmitgliedern. Die wesentlichen Gemeindeaufgaben waren Feuerschutz, Schule (im Verband mit Gempfing), Armenfürsorge, Wegeunterhaltung, Flurwache, Schafweideverpachtung, Nutzung der Gemeindegrundstücke, Umlagenerhebung, dazu verschiedene Verwaltungsaufgaben (wie Einwohner- und Gewerbemeldewesen, Leumundzeugnisse erstellen). Standesamtlich (ab 1876) wurde Sallach, wie seit Jahrhunderter pfarrlich und für den Friedhof, nach Gempfing zugeteilt.

1803 wurde die allgemeine Schulpflicht, zuerst für die sechs- bis zwölfjährigen Kinder und dann die Feiertagsschule für die zwölf- bis achtzehnjährigen Jugendlichen, eingeführt. Die Schule Gempfing existierte schon zuvor. Die Sallacher machten bei der Schulpflicht anscheinend Probleme. Auf einer Schulversammlung am 9. Februar 1804 wurde in Gempfing beschlossen, dass auf der Feiertagsschule das männliche und weibliche Geschlecht getrennt von 12 Uhr an, jede Klasse 1 ½ Stunden, unterrichtet wird. Außerdem wird das Landgericht Rain ersucht, die Sallacher, wo ein Tagelöhner unrechtmäßig Schule hält, zum Schulbesuch in Gempfing und zur Zahlung des Schulgeldes aufzufordern. Das Landgericht verbot dann auch diese Winkelschule in Sallach bei Androhung einer Strafe für den Schulhalter.

Ein anderer Streit zwischen Gempfing und Sallach wurde am 26. September 1806 mit einem Vergleich beendet: ein am westlichen Vorsaum der Waldung "Krommetsberg" liegendes Grundstück von 6 3/8 Tagwerk war seit 1718 strittig, nach einem Spruch des Landgerichts Rain von 1722 sollte es Sallach gehören, was Gempfing beim Hofgericht München anfocht. Der Vergleich sprach Sallach 4 7/8 und Gempfing 1 4/8 Tagwerk des Streitobjekts zu.

Der Streit um eine Weide wurde am 9. Januar 1723 durch Vergleich beendet: Gempfing durfte wöchentlich Ross und Clohvieh (Klauenvieh) an 4 halben Tagen und 3 ganzen Nächten (Sonntag morgens, Erchtag und Donnerstag je morgens und nachts, Samstag nachmittags und nachts) neben dem Sallacher Vieh den Zutrieb wie bisher vornehmen.

Über einen Streit mit der Gemeinde Überacker (ab 1736) berichtet ein anderes Schriftstück, das als ältestes Dokument im Gemeindearchiv liegt.

Von vier Auswanderungen berichten die Akten in der Mitte des 19. Jahrhunderts: am 5. September 1846 wurde im Rainer Wochenblatt aufgerufen, evtl. Forderungen gegen den nach Ungarn ausgewanderten Blasius Schlamp geltend zu machen, da sie nach dem Anwesensverkauf nicht mehr berücksichtigt werden können. Am 15. April 1854 berichtete diese erste Zeitung des Rainer Raumes (erschien einmal wöchentlich mit 4 Seiten), dass der Gütler Simon Träger mit seiner Familie und die ledige Magdalena Enthaler mit ihrem Kind nach Amerika auswandern wollen. Am 20. Mai 1857 heißt es, der bisherige Mesner Alois Enthaler sei ausgewandert, die Stelle wurde mit dem Taglöhner Mathias Martin besetzt, später versah der Zimmermann Josef Roggesmüller den mit jährlich rund 50 Gulden bewerteten Dienst.

Längere Verhandlungen mit dem Landgericht gab es 1858/60, als die Sallacher vom Überschuss der Gemeindekasse 250 Gulden aufteilen wollten – je die Hälfte nach dem Steuerfuß und nach den Gemeinderechten. Das Landgericht lehnte dies ab, obwohl die Sallacher keine Gemeindeschulden und keine bedeutenden Aufgaben zu finanzieren haben. Als die Sallacher in der Beschwerde zur Regierung ihr Ansinnen sachlich begründen, hebt diese den Gerichtsbeschluss auf. Der Überschuss entstand, weil die Bauern den Schafweidenpacht mit 378 Gulden jährlich in die Gemeindekasse fliesen ließen, was vorher dem Landgericht nicht gesagt worden war. Zur Vermeidung von Gemeindeumlagen werden nun 128 Gulden in der Kasse belassen und 250 Gulden ausbezahlt. Die Gemeindemitglieder hatten in der Beschwerde gedroht, die Schafweide aufzuheben – ein Verlust für die Kultur – und daraus wieder eine Rindviehweide zu machen. Ab 1864 wurden die Schafeweiden (Lang, Mösle, Herleman) verteilt, jeder Rechter bekam drei Teile, der Schlösselbauer hatte zwei Rechte.

Die Gemeindefinanzen waren geordnet: 1865 wurde die Hausnummer 21, mit 9 Wohnungsrechten (teilweise für Minderjährige) belastet, erworben. Die Wohnungsrechtinhaber sind alle auswärts im Dienst. Gründe für den Erwerb sind

"a) weil kein Nahrungszweig für eine Familie vorhanden ist, so können vielleicht alle 2 – 3 Jahre eine Familie abgehaust haben und der Gemeinde zur Last fallen (gemeint sind wohl künftige Familien der Wohnungsrechtinhaber) und

b) das herkömmliche Gemeindehaus ist schon mit einer abgehausten Bauernfamilie mit 8 Personen besetzt."

Das Geld für den Kauf leihte man sich – Banken gab es nicht – bei Josef Bleimeir in Mittelstetten. Der Kauf wird 1866 als vorteilhaft genehmigt, man wurde die 9 Familienmitglieder los.

Die Berichte über die Gemeindevisitation durch das Bezirksamt geben einige interessante Aufschlüsse; die Auszüge sind vom 21. März 1899. Für die Gemeindeaufgaben stehen Schreiber, Diener, Flurwächter und Nachtwächter (wohnt im Armenhaus, erhält 68 Mark von den 20 Häusern, Dienstzeit 10 – 2 Uhr) zur Verfügung. Pferdezucht wird beim Stemmer (Hofgärtner) und beim Wirt (Paula) betrieben, der Zuchtstier ist im Stall des Bürgermeisters. Es gibt einen Hufschmied und eine Krämerei.

Die Gemeinde hatte Anteil an 5.000 Mark Schulschulden in Gempfing. Die Straßen nach Bayerdilling, Rain und Gempfing sind gut instand gehalten. Im Armen- und Hirthaus wohnt neben dem Nachtwächter noch der Mesner und eine 54 Jahre alte "blöde Weibsperson". Das Dorf war einstens eine echte Solidargemeinschaft und sorgte für seine armen und gebrechlichen Einwohner. 1900 wurde vom Bezirksamt die unzureichende Bachräumung kritisiert. Streitigkeiten in der Gemeinde, die über das Bezirksamt ausgetragen wurden, gab es 1891/92: der Armenfondskassier brachte die Umlagen nicht dem Gemeindekassier, Beleidigungen waren gefolgt.

Die Einwohnerzahl von Sallach kann ab 1760 mit etwa 110 angesetzt werden; die Verluste von Dreißigjährigem Krieg und Spanischem Erfolgekrieg waren bis dahin wohl geschlossen. Die erste Zählung von 1840 weist 128 Einwohner aus, danach ging die Zahl wieder leicht zurück: 119 (1861), 116 (1880) und 113 (1890). Ab 1895 stieg die Bevölkerungszahl wieder auf durchschnittlich 136 zwischen 1905 und 1925.