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Karl Würmseher

1. Bürgermeister und Ehrenbürger
geboren 10. September 1920 in Rain
gestorben am 20. Juli 1990 in Rain

 

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Verleihung der Ehrenbürgerschaft mit Stadtrats-Beschluss vom 10. April 1990

Würmseher starb vor dem für den 5. September 1990 (unmittelbar vor dem 70. Geburtstag) vorgesehenen Festakt zur feierlichen Übergabe der Ehrenbürgerschafts-Urkunde.

Die Biographie entnommen der Reihe "Sieh auf - Beiträge zur Geschichte und Kultur der Stadt Rain und ihrer Umgebung", Nr. 32, September 1990, von Adalbert Riehl

Am 30. April 1990 ging für die Stadt Rain eine Ära zu Ende. Ein knappes Vierteljahr später starb der Mann, der diese Epoche geprägt hat: Altbürgermeister und Ehrenbürger Karl Würmseher. In den Morgenstunden des 20. Juli 1990 entschlief er ganz plötzlich und unerwartet.

 

Nicht die Bürgermeisterzeit von 24 Jahren – die längste in der Rainer Stadtgeschichte seit 200 Jahren – allein macht die Größe aus, auch nicht das Wachstum der Einwohnerzahl von rund 4000 beim Amtsantritt 1966 auf 7000, die Karl Würmseher auszeichnete. Nicht nur seiner imponierenden Gestalt wegen nannte man ihn anerkennend "Karl den Großen". Er verlor nie den Kontakt zum Bürger, war ob seiner Fachkenntnisse unangefochten im Stadtrat, in allen vier Amtsperioden von 1966 bis 1990, war als zuverlässiger Partner von der Wirtschaft, von kommunalen und staatlichen Stellen geschätzt. Für ihn war nicht die Größe der Stadt entscheidend, sondern der Geist, der in ihr wohnte. Er blieb seiner Heimatstadt sein Leben lang verpflichtet, an seiner Treue hing kein Provinzialismus, sondern die Verbundenheit vom Herzen her, die auch ehrliche Kritik einschließt. Sein natürlicher Humor und die realistische Selbsteinschätzung kamen ihm in dem nicht leichten Amt zugute.

Karl Würmseher war ein Sohn der Stadt, geboren in der schwierigen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die Eltern besaßen das Anwesen mit dem Hausnamen "Kapellerer" (von der früher gegenüber gestandenen Marienkapelle). Mit noch nicht 15 Jahren trat er zum Jahresbeginn 1935 in die Dienste der Stadt. Der Zweite Weltkrieg mit Kriegsdienst und über drei Jahren Gefangenschaft nahm ihm schöne Lebensjahre. Bei der Verleihung der Bürgermedaille am 29. Juli 1987 blickte er auf diese Zeit selbst zurück: "Unsere Generation wurde ja hineingeworfen in eine wirre Zeit, Kriegsjahre haben uns mitgeformt, so manches schlägt heute noch durch. Auf der Fahne eines preußischen Garderegiments wie auch des britisch-englischen Regiments, dem wir als Kriegsgefangene auf der ägyptischen Halbinsel Sinai lange unterstellt waren, steht in deutscher Sprache die Aufschrift 'Ich dien'. Das war noch ein Ausdruck der Pflichten, da galten sie noch: Das Dienen, Verantwortung tragen, Disziplin, eine Aufgabe ganz erfüllen! Nicht wie heute, wo allzu oft die Selbstbedienung im Vordergrund steht!" Diese Aussage setzte Karl Würmseher zeit seines Lebens in erster Linie auf sich selbst um. Er "diente", er erfüllte seine Aufgabe für die Stadt Rain ganz, auch wenn es schwierig war. Ein Zweites brachte er aus dem Krieg mit – eine tiefe Abneigung gegen die Gewalt.

Nach seiner Heimkehr nahm Würmseher die Tätigkeit im Rainer Rathaus wieder auf. Nach der Prüfung für den gehobenen Verwaltungsdienst war er seit 1950 als Kämmerer an herausgehobener Stelle in der Verwaltung tätig und seit der Wahl in den Stadtrat zum 1. Mai 1952 setzte er sich zweifach für neue Ordnung und Demokratie, für den Aufbau der Stadt ein. Er nahm die kommunale Selbstverwaltung ernst. Doch er wusste auch, dass die Stadt nur im Miteinander mit anderen bestehen kann. So stellte er sich für den Kreistag zur Verfügung. Von 1960 bis 1972 war er Kreisrat im ehemaligen Landkreis Neuburg a. d. Donau und von 1972 bis 1984 war er im Kreistag Donau-Ries tätig. Sein Wort hatte Gewicht, er galt bei den Kollegen und er erreichte mit Überzeugungskraft und Sachkenntnis viel für die Stadt und für die Allgemeinheit. 1966 kandidierte Würmseher, nachdem er lange gedrängt worden war, für das Amt des Bürgermeisters der Stadt Rain. Bei zwei Mitbewerbern erreichte er im 1.Wahlgang bereits 64,3 % der Stimmen – ein großer Vertrauensvorschuss seiner Mitbürger. Bei den Wiederwahlen von 1972, 1978 und 1984 bestätigten die Rainer mit überwältigenden Voten seine Amtsführung. Seit 1952 gab es diese Bemühungen, ihn für das Bürgermeisteramt zu gewinnen, zuletzt sogar unter Einschaltung des Landrates. Anlässlich seiner Verabschiedung blickte Würmseher auf diese Zeit zurück: "Ich wollte damals als relativ junger Mann nach den Jahren des Krieges und der Gefangenschaft noch nicht die Bindungen und Verpflichtungen dieses Amtes. Ich kannte dieses Amt, seine Belastung und seine Problematik. Mein Grundsatz war: Wenn ich das Amt einmal übernehme, dann will ich es mit vollem Einsatz ausfüllen."

Die Bindung an Rain und sein ausgezeichnetes kommunalpolitisches Gespür zeichneten ihn besonders aus. Rückblickend formulierte er, sich selbst auf den Leib geschnitten: "Es war auch immer meine Meinung, dass ein Bürgermeister ein Gespür für politische Zusammenhänge und sich anbahnende Entwicklungen haben muss, sozusagen einen Rundumblick, dass er die Zeichen der Zeit und ihre Strömungen erkennen soll, ohne gleich jedem so wandelbaren Zeitgeist zu verfallen." Dem Ungeist der Moderne, der nun verlangt und fordert, setzte er das Propheten-Wort "Suchet der Stadt Bestes!" oder die Worte von Pfarrer Ludwig Dorn bei dessen Ehrenbürgerschafts-Verleihung vom "kritischen, aber wohlmeinenden Bürger" entgegen. Höhere Ämter, die ihm (verbunden mit einer notwendigen Parteimitgliedschaft) angeboten worden waren, schlug er aus, ohne dies öffentlich herauszustellen. Als Mitbegründer der Parteilosen Wählergemeinschaft Rain (1952) blieb er dieser Idee einer Kommunalpolitik ohne Parteizwänge oder Direktiven "von oben" verpflichtet. Aus seiner politischen Grundrichtung machte er keinen Hehl, aber auch nicht aus seinem kritischen Standpunkt gegenüber den entsprechenden Parteien. Ehrliche Anerkennung fand er durch seine aufrechte Haltung, seinem politischen Geschick und seiner fachlichen Kompetenz bei allen maßgeblichen politischen Richtungen. Gerade die Reformjahre in der ersten Hälfte seiner Bürgermeisterzeit waren es, die sein treffsicheres Gespür für die Entwicklung herausstellten. Wie kaum ein anderer erkannte er in den Sprengelgrenzen der Volksschulen die künftigen kommunalen Grenzen – was einschließlich eintraf. Die Vorsorge durch Beginn der Schulbauten ging Hand in Hand. Zum richtigen Zeitpunkt setzte er sich für die Gründung der Realschule ein, die anfängliche Übernahme der Sachträgerschaft durch die Stadt war dafür ein unvermeidbares Risiko, die erfolgreichen Verhandlungen mit dem Landkreis Neuburg a. d. Donau waren sein maßgeblicher Verdienst. Es kam die Zeit der Gebietsreform. Zwischen 1972 und 1978 sind 10 ehemals selbstständige Gemeinden in die Stadt eingegliedert worden. Er brauchte für die Eingemeindungen nicht zu werben; die vielfältigen Bindungen der Bürger im Lechgebiet nach Rain hin drückten sich in den Abstimmungen aus. Wer selbstständig bleiben konnte und wollte, den ermutigte er zu diesem Schritt. Obwohl "der Starke für sich allein am mächtigsten" ist, wie Würmseher selbst sagte, verweigerte er nicht die Zusammenarbeit mit den selbstständig gebliebenen Nachbargemeinden im Rahmen der Verwaltungsgemeinschaft. Den Bürgermeister-Kollegen wie den Bürgern war Karl Würmseher in der Phase der Gebietsreform ein wesentlicher Garant, dass ihr Ort in der Stadt gut aufgehoben war. Das Handeln in der weiteren Amtszeit hat dies bestätigt. Die Integration in die Stadt konnte nur so reibungslos gelingen, weil die gewachsene kulturelle Eigenständigkeit der ehemaligen Dörfer nicht angetastet wurde, im Gegenteil, er hat sie sogar noch gefördert. Es war nicht überall im Lande selbstverständlich, dass diese Stadtteile so gut, harmonisch und gleichberechtigt in das neue Gemeinwesen eingegliedert wurden.

Maßgebend beteiligt war Würmseher auch, als es darum ging, den Stadtteilen im Stadtrat die Möglichkeit der Mitarbeit zu geben. Er ließ sich dabei von dem Gedanken leiten, dass sich nur der mit seiner Stadt identifiziert, der spürt, dass er auch in die Willensbildung mit einbezogen ist, der spürt, dass er Teil des Ganzen ist. Dies hatte er frühzeitig erkannt – und dies hat er vermitteln können. Nicht von ungefähr ist einer der drei Punkte, die als besonders hervorragende Verdienste in der Urkunde zur Bürgermedaillen-Verleihung genannt sind, die "Integration der Stadtteile". Ohne Abstriche gelten diese Aussagen auch für den Aufbau der Verwaltungsgemeinschaft, deren erster Vorsitzender er von der Gründung am 1. Mai 1978 über 12 Jahre mit jeweils einstimmigem Votum war. Sein schon in der Gründungsphase geprägter Wahlspruch "Soviel Verwaltungsgemeinschaft wie nötig, soviel Gemeine wie möglich" wurde im Nachhinein von der Korrektur des Gesetzgebers bestätigt. Für die Mitarbeiter im Rathaus, aber auch in den anderen Betrieben, war er ein gerechter und liberaler Chef, der auf eigenverantwortliches Denken und Handeln setzte.

Untrennbar mit dem Namen Karl Würmseher ist die Stadtsparkasse Rain verbunden. Das 125-jährige Jubiläum dieses ältesten örtlichen Kreditinstitutes stand am Anfang seiner Amtszeit, das 150-jährige Jubiläum würde 1992 ohne seinen Einsatz wohl nicht mehr anstehen: in einem von ihm angestrebten Normenkontrollverfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsberichtshof wurde die Selbstständigkeit der Sparkasse 1978 erhalten. Vorausgegangen war die staatlich verordnete Fusion mit der Sparkasse Donauwörth. Als Verwaltungsratvorsitzender der Stadtsparkasse hatte er ein Gespür für die wirtschaftliche Entwicklung, gab positive Anstöße und förderte die zukunftsorientierte Betriebsführung.

Seine Amtsführung stand immer unter der Prämisse, das zunächst das Notwendige, dann das Wünschenswerte zu realisieren sei. Verbandschulen, Kindergärten, Hallenbad, Sportstätten, Feuerwehrhäuser, Friedhofserweiterung. Kläranlage, Wasserwerk, Bauhof, Straßen und Wirtschaftswege wurden gebaut, viele Baugebiete erschlossen, die Weichen für die Stadtsanierung hat er seit 1986 gestellt. Das forderte die ganze Person des Bürgermeisters, forderte Risiko, gerade in den Reformjahren, als die finanzielle Zukunft der Stadt nicht kalkulierbar war, da Entwicklungen und künftige Verflechtungen noch nicht feststanden. Karl Würmseher hatte ein sicheres Augenmaß für das Machbare und für die gebotenen Prioritäten.

Ein sehr erfolgreicher Arbeitsbereich von Karl Würmseher war die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Nicht die Zunahme der Arbeitsplätze allein war entscheidend für den Erfolg, aber einer der Mosaiksteine. Wichtig für Rain war beispielsweise, Stammsitz des Hauses Dehner zu bleiben – hier hat er mit der Firmenleitung für die Bereithaltung von Ausdehnungsflächen gesorgt. Die städtische Wirtschaftsförderung der Ära Würmseher brachte eine gesunde Entwicklung, besonders gut abzulesen an der Gewerbesteuer. Zur Unterstützung von Betriebserweiterungen bewährter, eingesessener Firmen kamen maßvolle und gezielte Neuansiedlungen. Zusätzlich hatte die Stadt das Glück, von Einbrüchen verschont zu bleiben. Karl Würmseher wehrte sich gegen alle Versuche, Betriebe "um jeden Preis" nach Rain zu bekommen. Dieses Gespür für eine positive Entwicklung haben die Vertreter der Rainer Wirtschaft dem Bürgermeister immer wieder bestätigt.

Bürgermeister Würmseher scheute sich auch nicht, wenige Wochen vor seiner ersten Wiederwahl per 1. Januar 1972 mit dem Stadtrats-Gremium die Realsteuer-Hebesätze (Grund- und Gewerbesteuer) entsprechend den Erfordernissen zu erhöhen. Der Bau der Verbandsschulen und andere große Investitionen beanspruchten alle Kräfte. Kontinuität und Berechenbarkeit waren wesentliche Merkmale seiner Finanzpolitik. Dem Ruf nach Senkung der Gewerbesteuer wehrte er anfangs der 1980-er Jahre mit Hinweis auf den ohnehin unterdurchschnittlichen Rainer Hebesatz ab, andererseits widersprach er Überlegungen zur Steuererhöhung, solange man den Notwendigkeiten auf der gegebenen Basis gerecht werden konnte. So sind die seit 19 Jahren unveränderten Hebesätze ein maßgebliches Verdienst von ihm; den Betrieben und Privathaushalten blieben bedeutende Beiträge für anderweitige Investitionen und Ausgaben. Nicht zuletzt konnte er geordnete finanzielle Verhältnisse übergeben: geringe Verschuldung, Rücklagen, Grundstücksreserven und ein überschaubarer Katalog an Zukunftsaufgaben sind dem neuen Bürgermeister und Stadtrat als Ausgangsbasis gegeben.

Sein Auge galt nicht nur den unmittelbaren städtischen Aufgaben. Sein Einsatz für das Kreiskrankenhaus, für Erdgasversorgung, Breitband-Verkabelung oder Ausbau von Kreisstraßen sind Beispiele dafür. Kooperationsbereitschaft, Überzeugungskraft und Persönlichkeit von Karl Würmseher sicherten der Stadt viele Erfolge. Nicht vergessen werden darf sein maßgeblicher Anteil an der neuen Bundesstraße 16. Die Stadtsanierung wäre ohne dieses Projekt nicht möglich geworden, die Hauptstraße mit dem Schwer- und Durchgangsverkehr wäre für die Rainer heute nicht mehr vorstellbar, von der Verbesserung der Lebensqualität ganz abgesehen.

Bei allem, was er für die Zukunft tat, hat er jedoch niemals die Geschichte aus den Augen verloren. Er wusste, dass sich die Gegenwart nur aus der Vergangenheit verstehen lässt. Er kannte sich in der entsprechenden Literatur aus wie nur wenige, er beugte sich keinen Strömungen des Augenblicks, sondern analysierte plastisch und genau, bildete sich seine eigene Meinung von den großen Entwicklungen – immer in der Verbindung von Geschichte, Gegenwart und Zukunft.

Äußeres Zeichen dafür war sein Einsatz für den Museumsverein, dem er 20 Jahre vorstand und dessen Ehrenmitglied er am 11. Juli 1990, anlässlich der Wahl seines Nachfolgers, wurde. Seiner Initiative ist die Einrichtung des Heimatmuseums zu verdanken. Das kulturelle Leben wurde von der Stadt angemessen gefördert, die Einrichtung der Stadtbücherei, seine Schirmherrschaft über die Volkshochschule und die Mitbegründung der Jugend-Stadtkapelle, deren Ehrenmitglied er auch ist, stehen als Beispiele dafür. Die Förderung der Vereine und Organisationen war ein weiteres wichtiges Augenmerk von Bürgermeister Würmseher. Bei den freiwilligen Leistungen der Stadt wurde sinnvoll gefördert, in erster Linie bei den Investitionen und in der Jugendarbeit. Der Sport, dem er auch persönlich und privat über den TSV Rain sehr nahe stand, steht hier an erster Stelle. Jede Eigeninitiative wurde unterstützt. Die gleichmäßige Berücksichtigung von Kernstadt und Stadtteilen förderte die Eigenständigkeit des gesellschaftlichen Lebens der einzelnen Orte. Vorbildlich sind die Grundsätze, die Karl Würmseher zur Bezuschussung kirchlicher Baumaßnahmen mit dem Stadtrat entwickelt hat. Besonderes Augenmerk legte er auf die Erhaltung und Instandsetzung der Kirchengebäude als bedeutende Kulturdenkmäler.

"Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt", diesen markanten Satz prägte Karl Würmseher mit Blick auf die spätestens seit Abschluss der Gebietsreform notwendig gewordene Erweiterung des Rathauses, mit der eine Renovierung des Altbestandes Hand in Hand gehen musste. 1989 wurde das Gesamtprojekt fertig gestellt. Er betonte immer, dass das Rathaus nicht nur die Arbeitsstätte von Bürgermeister und Stadtverwaltung sind, sondern das Haus des Bürgers. Hier trifft der Stadtrat, den er in seinen 24 Bürgermeisterjahren mit Umsicht und Fachkenntnis leitete, seine Entscheidungen, hier ist die Bürgerschaft repräsentiert.

"Der brave Mann denkt an sich zuletzt" – dieser Satz kann auch als Überschrift für sein ganzes Leben dienen. Auch wenn Karl Würmseher sehr kräftig zu reden verstand, sehr genau zu formulieren wusste, sich auch intensiv zur Wehr setzen konnte – er war doch eher ein Stiller. Bei allem Einsatz für sein Rain ging es ihm nie um das eigene Prestige, sondern er sah sich immer als Anwalt und Patron aller Bürger. Spektakuläres lag ihm nicht. Beschieden, doch gewieft-listig machte er Kommunalpolitik, aufrecht, allseits anerkannt, nicht im grellen Licht der Publicity. "Mehr sein als scheinen" – das ist ein Leitsatz, der für ihn zeitlebens galt.

Zahlreiche Ehrungen wurde Karl Würmseher zuteil. Er drängte nicht danach, war aus dem Kriegsdienst-Erfahrungen in dieser Hinsicht nüchtern und kritisch. Das Bundesverdienstkreuz erhielt er anlässlich des 60. Geburtstages, der Freistaat Bayern ehrte ihn zum 20-jährigen Bürgermeister- Jubiläum mit der kommunalen Verdienstmedaille, der Sparkassenverband zeichnete ihn aus, mehrere Vereine verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft. Die Verleihung der Bürgermedaille der Stadt, deren neunter Träger er seit der Einführung 1969 war, erfolgte in der ersten Sitzung im neuen Rathaussaal am 29. Juli 1987. Doch am höchsten schätzte er zweifellos die Würdigung "seiner" Stadt Rain mit der Ehrenbürgerschaft. Um die Vaterstadt drehte sich letztlich sein Denken und Handeln, sein Leben. Am 10. April 1990 hatte der Stadtrat die hohe Auszeichnung beschlossen, am 5. September sollte die Ehrenbürgerurkunde feierlich überreicht werden. Wer hätte am 27. April 1990 bei der feierlichen Verabschiedung aus dem Bürgermeisteramt gedacht, dass die einleitenden Worte von Karl Würmseher in seiner Dankansprache schon bald für sein gesamtes Leben gelten sollen: "Ich stelle meinen Ausführungen gerne ein Wort aus dem Buch der Prediger voran, es gefällt mir so und passt zum Augenblick: ,Alles hat seine Stunde, und es gibt eine Zeit für jegliche Sache unter dem Himmel: Zeit zu pflanzen, Zeit zu ernten, Zeit zu kommen, Zeit zu gehen!' So trete ich ab, ganz einfach, weil es an der Zeit ist, weil die Zeit gekommen ist. Und gewiss nicht wehen Herzens, wie vielleicht manche meinen, sondern nach dem Gesetz des Lebens, des Daseins." Mit aller Konsequenz war er abgetreten, hatte auch alle Ehrenämter zurückgegeben, wollte aus der Distanz die Dinge beobachten, endlich seinen Neigungen leben und nachgehen und ein eigenes Leben führen.

Die guten Wünsche, die einen großen Rainer seit jenem 27. April begleiteten, schlugen am 20. Juli angesichts des jähen, überraschenden Todes in tiefe und ehrliche Trauer um. Große Anteilnahme erfuhr die Witwe, Luise Würmseher, in den Wochen nach dem Tod. Sie war ihm immer eine gute und liebevolle Hilfe und Stütze, ohne sich ins politische Geschäft einzumischen. Sie schuf den ruhenden Pol vom hektischen Alltagsgeschäft, sie übernahm die Gratulation der Altersjubilare und damit eine wichtige Kontaktaufgabe zwischen Stadt und Bürgern.

Karl Würmseher, der die Vergangenheit Rains kannte wir nur wenige andere, hat sich selbst für immer in die Stadtgeschichte eingeschrieben!

Über die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz am 13. September 1980 berichtete die Donauwörther Zeitung (Redakteur Paul Soldner) :

Bei Geburtstagsfeier überreicht: Bundesverdienstkreuz für Karl Würmseher

Wirtschaftsminister Jaumann würdigt Rainer Bürgermeister als "integrierende Persönlichkeit"

Sondersitzungen haben meist brisante Themen zum Inhalt, die eine schnelle Entscheidung erfordern. Unter dem gleichen Titel firmierte zwar auch die Tagung des Stadrates im Rainer Schloss am Samstag, doch das Programm stand unter einem ganz anderen Zeichen: Dem seit 14 Jahren "regierenden" Bürgermeister Karl Würmseher anlässlich seines 60. Geburtstages Lob und Anerkennung zu zollen. Es galt einem Mann Dank zu sagen, der, so Vize-Bürgermeister Anton Fuchs in seiner Laudatio, "maßgeblichen Anteil daran gehabt hat, dass sich Rain von einem verträumten Städtchen mit Tradition zu einem pulsierenden Ort mit Tradition und Zukunft entwickelt hat". Ein besonderes Geburtstagsgeschenk hatte der Bayerische Wirtschaftsminister Anton Jaumann mit an den Lech gebracht: Er überreichte dem Jubilar das Bundesverdienstkreuz am Bande, mit dem das "jahrzehntelange kommunalpolitische Wirken Würmsehers gewürdigt werden soll". Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde im Schloßgebäude vom Rainer Kammermusikkreis mit Werken von Händel und Karl Ditters von Dittersdorf.

Rund 130 geladene Bürger aus Rain, den Stadtteilen und den VG-Mitgliedsgemeinden erwarteten Bürgermeister Karl Würmseher am Schloßgebäude, wo auch der Männerchor "Liederkranz" bereits Aufstellung genommen hatte. Mit "Füllt mit Schalle" und "Das ist der Tag des Herrn" entboten sie ihm unter der Leitung von Harald Mann ihre Glückwünsche. Letzteres Lied vor allem deshalb, weil Würmseher damit Erinnerungen an seine Kriegsgefangenschaft verbindet: Er sang es jeden Sonntagmorgen mit anderen Soldatem im Lager am Wüstenrand in Ägypten. Als seinen "Freund und Förderer" bezeichnete Liederkranz-Vorsitzender Erich Birle den Jubilar. Die Geburtstagsserenade sollte deshalb auch gleichzeitig ein "Dank für die großzügige Unterstützung, die die Stadt dem Chor gewährte, sein".

Bei der anschließenden Feierstunde, bei der der Stadtrat "seinen Chef ehrte" (Fuchs) waren neben Ehrenbürger Georg Weber, MdB Karl-Heinz Lemmrich, die Bürgermeister der VG-Gemeinden, mehrere Altbürgermeister und -stadträte, Repräsentanten der örtlichen Schulen und der Sparkasse sowie die Abteilungsleiter der Verwaltung mit anwesend. Fuchs in seiner Begrüßungsrede: "Es wurden bei der Einladung nur Persönlichkeiten berücksichtigt, welche zur Stadt oder zum Rathaus von Rain ein besonderes Verhältnis haben."

Für Bodenständiges geprägt

Vize-Bürgermeister Fuchs erinnerte in seiner Geburtstagsansprache, dass Würmseher am damaligen Ortsrand der Stadt auf dem Bauernhof gegenüber der ehemaligen Wallfahrtskapelle Maria Birnbaum aufgewachsen ist. "Wie kann man besser für das Bodenständige geprägt werden und wo kann man mehr Verständnis für das tägliche Leben gewinnen als dort, wo man im Feld, Haus und Hof - beinahe zu jeder Jahreszeit - Leben blühen, reifen und verwelken sieht." Fuchs schilderte weiter Würmsehers Lebensweg, bis dieser dann ab dem 1. Mai 1950, das war sein Dienstantritt als Kämmerer, "die Geschicke der Stadt allmählich immer stärker in die Hand genommen habe".

Unter den vielen Leistungen Karl Würmsehers war der Aufbau des Schulverbandes nach Vize-Bürgermeister Fuchs Ansicht "eine der wichtigsten, von politischer Klugheit und Weitsicht getragenen". Mit dem Wunsch, dass Würmseher wegen "seiner menschlichen Art und seines diplomatischen Geschicks" der Stadt Rain noch lange erhalten bleiben möge, übergab Fuchs zusammen mit Stadtrat Wilhelm, Sparkassendirektor Lauterbach und Kämmerer Mayr das gemeinsame Geschenk: die aus Zirbelholz geschnitzten Bauernheiligen Notburga und Isidor.

Verständnis für Umland

VG-Stellvertreter Bürgermeister Johann Höringer (Niederschönenfeld) überreichte dem Jubilar ein Landschaftsgemälde und dankte ihm für sein "Verständnis für das Umland" und dafür, "dass er unbürokratisches Handeln und sparsames Haushalten gefördert hat".

Von einem "herzlichen Frieden, der in dieser Stunde zu spüren" sei, sprach der Bayerische Wirtschaftsminister Jaumann. Auch davon, dass das Geleistete nicht nur ein Zeichen der Aktivität, "sondern auch ein Zeichen der unglaublichen Veränderung in den zurückliegenden Jahren" sei. Das Zusammenführen aller unternehmerischen Kräfte und verschiedenster Gruppierungen der Stadt "einem bestimmten Ziel entgegen", würdigte Anton Jaumann als eines der größten Verdienste Würmsehers.

"Das Bild Ihres Engagements um das Allgemeinwohl wäre nicht vollständig, wenn ich nicht betonen würde, dass Sie sich über Ihre kommunalpolitischen Aktivitäten hinaus seit vielen Jahren in zahlreichen Ehrenämtern in verdienstvoller Weise betätigt haben", mit diesen Worten überreichte er Würmseher das Bundesverdienstkreuz am Bande und sein mit einer persönlichen Widmung versehenes Buch. Abschließend meinte Jaumann noch: "Dass ich Sie einmal den "Gaugrafen von Rain" genannt habe, hat seinen Sinn. Er liegt in der Eigenheit dieses Gebietes und in Ihrer integrierenden Wirkung."

Ein Blick zurück

"In meinen Alter blickt man mehr und mehr zurück", sagte Karl Würmseher in seiner Rede, "man fragt sich, hat man seine Pflicht getan, war man der Aufgabe gewachsen". Er, Würmseher, könne heute sagen, dass er Glück gehabt habe. "Ein gutes Elternhaus, das mir ein brauchbares sittliches Fundament mit gegeben hat und Vorgesetzte während meiner Militärzeit, die Demokratie praktizierten." Rain sei ihm in den vielen Jahren ans Herz gewachsen und als er 1966 Bürgermeister geworden sei, habe er die "Aufgabe nie als einen Job betrachtet". Als Säulen seiner Tätigkeit habe er dabei "Pflichtgefühl, Disziplin und Verantwortungsbewusstsein für die Gemeinschaft" betrachtet.

Würmseher ging am Ende seiner Ausführungen auch auf die Frage "Wie lange macht er's noch als Bürgermeister" ein. "Dafür gibt es zwei Antworten: Ich kann das nächste Mal noch, muss aber nicht. Oder: Ich muss das nächste Mal nicht mehr, kann aber noch."

 

Verleihung des Bundesverdienstkreuzes: Staatsminister Anton Jaumann bei der Laudatio auf Karl Würmseher (rechts)
Verleihung des Bundesverdienstkreuzes: Staatsminister Anton Jaumann bei der Laudatio auf Karl Würmseher (rechts)

Der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes durch Minister Jaumann erfolgte wegen der vielfachen Tätigkeit von Bürgermeister Würmseher im Dienste der Öffentlichkeit und Allgemeinheit im Ehrenamt. Im einzelnen sind folgende bekleidete Positionen als Begründung angegeben:

  • Stadtrat seit 1. Mai 1952
  • 1. Bürgermeister seit 1. Mai 1966 (seit 1. Mai 1972 hauptamtlich)
  • Kreisrat seit 1. Mai 1960, davon seit 12 Jahren Kreisausschuss
  • Vorsitzender der Verwaltungsgemeinschaft Rain seit 1. Mai 1978
  • Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sparkasse seit 1. Mai 1966
  • Vorsitzender der beiden Rainer Schulverbände seit rund zehn Jahren
  • Mitglied in Arbeitsamts-Ausschüssen
  • Mitglied im Regionalen Planungsverband Augsburg seit ca. 1975 (also von Anfang an)

 

Dankesworte des Geehrten
Dankesworte des Geehrten

Herr Würmseher hat sich in dieser Zeit um die Stadt Rain besondere Verdienste erworben und er war schon zuvor als Beamter der Stadt Rain in deren Dienst erfolgreich tätig. In die bisherige Amtszeit fallen bedeutende Maßnahmen, die viel Engagement und Einsatz verlangten, namentlich der Bau von Grundschule und Schulzentrum Rain, Turnhallen- und Schwimmbadbau, viele Straßenbauten und Erschließungsmaßnahmen, Renovierungen zahlreicher städtischer Gebäude und Erstellung der zentralen Wasserversorgung für das Rainer Umland sowie die Überwindung der Eingemeindungs- (1972 - 1978) und VG-Bildungsphase. Er hat sich Verdienste nicht nur als Leiter der Verwaltung, sondern auch und noch wichtiger, als Kommunalpolitiker erworben. Dies hoben auch die Festredner - 2. Bürgermeister Fuchs und Minister Jaumann - hervor.

Nach Karl Würmseher ist eine Straße im Baugebiet "Mantlacher Feld" benannt.